Schwester Mechthild Schnieder war als Missionarin in Peru

Schwester Mechthild Schnieder bei einem Besuch in Vunapope, Papua Neu-Guinea. (Foto: privat)

Andere Kulturen, andere Sitten. Während diese Aussage für viele Deutsche nur bei Urlaubsreisen von Bedeutung ist, begleitet sie Schwester Mechthild Schnieder schon fast ihr ganzes Leben. Das Ausland war lange Zeit mehr ein Zuhause für die gebürtige Münsteranerin als ihr Heimatland. Acht Jahre lang hat die heute 65-Jährige, die den Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu von Hiltrup angehört, im lateinamerikanischen Peru gelebt. Anschließend bereiste sie als Generaloberin 20 Länder auf der ganzen Welt, in denen die Hiltruper Missionsschwestern tätig sind. "Mission findet überall dort statt, wo Menschen durch ihr Leben ein Glaubenszeugnis ablegen", sagt Schwester Mechthild, "offen und authentisch, aber immer auch lernbereit."

Die fernen Länder der Welt bewegten Mechthild Schnieder schon früh. Aufgewachsen in Emsdetten, sah sie in der dortigen Pfarrkirche Plakate hängen, die hungernde Kinder in Afrika zeigten. "Mir war schnell klar, da muss man etwas tun, da muss ich selbst etwas tun", erinnert sie sich. Der Orden der Hiltruper Missionsschwestern war ihr bekannt. Bei einem Praktikum im zugehörigen Krankenhaus hörte sie die Geschichten zweier junger Schwestern, die in Papua Neuguinea in der Mission wirkten. "Das konnte ich mir auch für mich vorstellen", sagt sie. Mit 18 Jahren trat sie in den Orden ein, ließ sich zur Sozialarbeitern ausbilden und arbeitete in der Uniklinik Münster, dem Herz-Jesu-Krankenhaus in Hiltrup und dem Gasthaus in Recklinghausen.

Doch der erste Auslandsaufenthalt ließ auf sich warten. "In den 1970er-Jahren gab es weniger Ordenseintritte hier, dafür mehr in den Missionsländern", erklärt Schwester Mechthild. Der Orden entschied, in Deutschland das Bewusstsein für die Mission zu stärken. Eine Schwester sollte dafür fünf Jahre lang im Ausland leben, um sich anschließend mit den gewonnenen Erfahrungen diesem Thema in Deutschland zu widmen. "Das war meine Chance", sagt Schwester Mechthild. 1988 flog sie nach Peru, um in der Hauptstadt Lima zunächst Spanisch zu lernen. Ein Jahr später ging es ins Andenhochland, wo sie in einer Pfarrei mitarbeitete und Frauenorganisationen weiterentwickelte.

Doch bevor Schwester Mechthild mit ihrer Arbeit beginnen konnte, wurde der Ausnahmezustand in der Region ausgerufen. "Es herrschten Terror und Gewalt bedingt durch die Rebellengruppe ‚Leuchtender Pfad‘ und ich wusste nicht, ob ich mich dieser Realität wirklich stellen kann", blickt sie zurück und ergänzt: "Das war die erste Feuerprobe." Schwester Mechthild Schnieder blieb. Eine Entscheidung, vor die sie in den kommenden Jahren noch oft gestellt werden sollte, und die sie nie bereut hat. "Es waren lehrreiche Jahre, die mein Leben verändert und mir eine neue Sicht auf den Glauben geschenkt haben", sagt sie heute.
Auf 3000 Meter Höhe gab das Seelsorgeteam mit Schwester Mechthild den Frauen Hilfen an die Hand: Täglich wurde gemeinsam gekocht, um durch Zusammenarbeit und Solidarität eine stabilere Gesellschaftsstruktur aufzubauen. Ziel der Arbeit war vor allem, das Selbstbewusstsein der Frauen zu stärken. Dazu arbeitete das Team unter anderem zu den Themen Gesundheit und Hygiene. Besonders viel Freude machte der Hiltruper Missionsschwester die Bibelarbeit mit den Frauen. "Das klingt jetzt sehr fromm, aber es war spannend, mit 30 Frauen – darunter auch Analphabetinnen – das Evangelium zu lesen", sagt sie. Durch Aktionen und Rollenspiele habe sie mit den Peruanerinnen deren Gottesbild reflektiert: weg von einem Gott, der Ehre und Opfer erwartet, hin zu einem Gott, der für die Menschen da ist. "Ich habe gespürt, dass diese Arbeit das Leben der Menschen verändert hat, das hat etwas bewirkt – bei den Frauen und bei mir selbst", betont Schwester Mechthild.

Längst hatte die Ordensfrau den Plan aufgegeben, wieder zurück nach Deutschland zu gehen. "In Peru wurde ich gebraucht, dort wollte ich weiter leben", sagt sie. Weiterziehen in ein noch kleineres Dorf in der Peripherie mit noch größeren Bedarfen, das sei der nächste Plan gewesen, erinnert sie sich. Doch es kam anders: Die Ordensprovinz in Peru entsandte sie 1996 zum Generalkapitel nach Frankreich, wo Delegierte aus allen Standorten zusammenkamen und die Belange des Ordens regelten. Dort wurde Schwester Mechthild in das vierköpfige Leitungsteam gewählt, das seinen Sitz in Sutri bei Rom hat und die Verantwortung für die Gemeinschaft mit heute rund 700 Missionsschwestern weltweit trägt. "Damit war der Traum von der peruanischen Peripherie geplatzt."

Heute lacht Schwester Mechthild bei diesem Satz, tatsächlich sei die neue Aufgabe damals mit einer harten Eingewöhnungszeit verbunden gewesen. "In Peru musste ich mich mit einer einzigen Kultur auseinandersetzen und hatte gerade das Gefühl, die Mentalität der Menschen dort zu verstehen." In Sutri lebte sie dagegen gleich mit mehreren Kulturen unter einem Dach. Die Missionstätigkeit in Peru sei eine gute Vorbereitung für dieses interkulturelle Lernen gewesen. Ein Thema, das die 65-Jährige seitdem begleitet.

Bis 2014 lebte Schwester Mechthild im Generalat in Rom, sechs Jahre als Rätin und zwölf als Generaloberin. Durchschnittlich sechs Monate sei sie pro Jahr unterwegs gewesen, hat alle 20 Länder, in denen die Hiltruper Missionsschwestern tätig sind, besucht. Manche mehrfach. Bei den Besuchen der Mitschwestern vor Ort hätten Themen wie Solidarität und Mitverantwortung in einer globalisierten Welt im Mittelpunkt gestanden. "Die Spannung zwischen der Frage von Integration, ohne dass Menschen unterdrückt werden, und der Frage nach kultureller Selbstständigkeit, ohne dass die Gemeinschaft auseinanderfällt, hat uns sehr beschäftigt", erklärt Schwester Mechthild.

Nach einem Sabbatjahr in Australien lebt die Missionsschwester seit Anfang 2016 wieder in Münster-Hiltrup. Nach wie vor ist sie viel unterwegs, arbeitet mit Schwestern aller Kontinente zum Thema interkulturelles Lernen. "Die Schwestern sollen gemeinschaftliches Leben erproben, sich mit anderen christlichen Gemeinschaften und auch interreligiös vernetzen und neue spirituelle Wege suchen", sagt sie, "das sind spannende Themen". Diese Sensibilität auf allen Ebenen zu fördern sei auch eine missionarische Aufgabe. Mission meine nicht nur die Erst-Evangelisierung, sondern beziehe sich auf den gesamten Glaubensprozess, der nie vollendet werden könne. "Es gibt immer noch etwas zu tun, um das Reich Gottes konkreter werden zu lassen", ist Schwester Mechthild überzeugt.

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