Ein Stück Heimat in Münster: Arabische Jugendliche zu Gast bei Ordensfrauen

Während des gemeinsamen Essens erfahren die Ordensfrauen und die arabischen Jugendlichen mehr voneinander.

Schwungvoll drückt Ordensfrau Anne-Marie dem jungen Mann vor ihr in der Küche zwei Schüsseln in die Hand. "Kannst du das Brot und den Auflauf schon mal auf den Tisch stellen?" Mahran mag vielleicht nicht jedes Wort verstanden haben, aber er weiß sofort, was zu tun ist. Er kennt es von zu Hause. Damit meint er seine Heimat Syrien, die er vor einigen Monaten verlassen musste. Es war zu gefährlich für ihn, dort zu bleiben.

Aus dem Nachbarraum dringen Geschirrklappern und Gesprächsfetzen herüber. Zwischen deutsche Sätze mogeln sich einzelne arabische Wörter. Sie kommen von Marie, die hin und wieder für Jalal und Fadi übersetzt. Wie dessen Freund Mahran leben die beiden Männer aus Syrien noch nicht lange in Deutschland. Auch zum "Offenen Tisch" im Haus der Kleinen Schwestern in Münster sind sie heute zum ersten Mal gekommen. Marie, eine junge Studentin aus dem Libanon, die regelmäßig bei den Kleinen Schwestern zu Gast ist, hat die Männer in der Gemeinde der arabisch-sprechenden Christinnen und Christen in Münster kennengelernt und sie einfach mitgenommen.

"Es ist so schön, dass wir heute so viele sind", sagt die Kleine Schwester Alma mit leuchtenden Augen. Sie strahlt über das ganze Gesicht. Die Ordensfrau gehört der Gemeinschaft der "Kleinen Schwestern vom Lamm" an, einem Bettelorden, der erst vor 30 Jahren gegründet wurde. Gemeinsam mit vier Mitschwestern lebt sie direkt am Überwasserkirchplatz in Münster. Jeden Mittwochabend öffnen sie ihre Tür zur gemeinsamen Eucharistiefeier in der Hauskapelle und anschließendem Abendessen. "In letzter Zeit finden hier wunderbare Begegnungen zwischen deutschen Studenten, arabischen Jugendlichen und uns Kleinen Schwestern statt", erzählt sie.

Dampfende Schüsseln mit Suppe und Kartoffelauflauf stehen mittlerweile auf dem schlichten Holztisch. Aus anderen Zimmern haben die jungen Männer noch Stühle und Hocker geholt, damit alle einen Sitzplatz haben. Eng, aber gemütlich. Sieben arabische Jugendliche und vier Ordensfrauen – die Gruppe könnte unterschiedlicher nicht sein. "Wie wäre es mit einem arabischen Tischgebet?", fragt die Kleine Schwester Albane in die Runde. "Ich kann machen", antwortet Jalal vorsichtig. Er war es auch, der zuvor im Gottesdienst das Evangelium auf Arabisch vorgetragen hatte.

Fröhlich und lebendig, dann wieder ernst und ruhig geht es während des Essens zu. Fadi erzählt, dass er in Syrien ein Maschinenbaustudium absolviert hat, sein Abschluss aber in Deutschland nicht anerkannt wird, weil er keine Zeugnisse vorweisen kann. "Wir nehmen dich in unser Gebet auf", sagt Schwester Alma. So wie sie auch während des Gottesdienstes in einer Fürbitte für die Familie von Antoine in Aleppo gebetet hat. Denn zur Mittagszeit hatte es schlechte Nachrichten aus der Hauptstadt Syriens gegeben. Wieder waren Bomben gefallen, der Kontakt zu Antoines Eltern und Schwester war abgerissen.

Zwischen Gemüsesuppe und Kuchen, den die Kleinen Schwestern erst wenige Stunden zuvor von einem Konditor geschenkt bekommen hatten, erzählt Schwester Alma aus ihrem Leben – und deckt Parallelen auf. "Mein Vater musste vor vielen Jahren auch seine Heimat Slowenien verlassen, alles war neu, alles war anders für ihn", erzählt sie. Aufmerksam hören die Jugendlichen der Ordensfrau mit dem sympathischen Akzent zu. Über ihre eigene Flucht sprechen sie heute nicht. Lieber über das leckere Essen. "Das schmeckt sehr gut", sagt Mahran. Er muss es wissen, schließlich ist der junge Syrer gelernter Koch, wie er der Runde stolz mitteilt. "Oh toll!", ruft Schwester Alma. "Magst du nächste Woche etwas aus deiner Heimat kochen?" Jetzt lacht auch Mahran laut – es ist ein zustimmendes Lachen.

"Für mich sind die Schwestern ein Stück meiner Familie hier in Münster", sagt Marie. Seit fünf Jahren lebt die junge Frau aus dem Libanon in Münster und studiert Physik. Damals habe sie mit anderen arabisch-sprechenden Jugendlichen auf dem Überwasserkirchplatz Eis gegessen und die Schwestern in ihren blauen Ordenskleidern draußen entdeckt. "Sie haben uns kurz zu sich ins Haus eingeladen und wir haben in der Kapelle gemeinsam gebetet. Seitdem kommen wir ständig hier her", sagt sie. Wenn sie Zeit mit den Kleinen Schwestern verbringe, erinnere sie das an ihre Heimat, an ihren dort gelebten Glauben. "Die Freude und den Frieden, die die Schwestern ausstrahlen, tun jedem gut", meint die 23-Jährige.
Die Teller sind leer, Schüsseln werden ausgekratzt. "Was können wir noch tun?", fragt Hamest. Für die junge Frau aus Syrien ist es selbstverständlich, beim Aufräumen zu helfen. "Wer möchte, kann noch spülen und die Männer können den Raum ausfegen", gibt Schwester Alma genaue Anweisungen. Während die Ordensfrauen mit den arabischen jungen Frauen bis zu den Ellbogen im Spülwasser stecken und sich dabei fröhlich unterhalten, stecken die Männer mit Schwester Marie-Estelle die Köpfe über einem großen Atlas zusammen. Sie zeigt ihnen, wo sie als Missionarin tätig war; die Männer zeigen ihr, woher sie genau kommen.

Noch ein kurzes gemeinsames Abendgebet in der Kapelle, dann bringen die Ordensfrauen die Jugendlichen zur Tür. Schüchtern hält Hamest den Schwestern ihren aufgeschlagenen Kalender hin. "Wollt ihr da zu uns kommen?" Es ist eine Einladung für einen Besuch ihrer Familie in der Flüchtlingsunterkunft. "Na klar! Wir kommen!", ruft Schwester Albane. Hamest strahlt.

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