Schwester Margret Tovar aus Ahlen war als Missionarin in Afrika

Schwester Margret Tovar mit Schülerinnen vor einer Kirche im Kongo. Bis heute setzt sich Schwester Margret Tovar für die Menschen in Afrika ein. (Foto: priva

Schon als Kind wollte sie etwas Großes aus ihrem Leben machen. "Ich wollte mein Leben nicht verbummeln, sondern mich verschenken, dort, wo es sich lohnt." Schwester Margret Tovar aus Ahlen hat das geschafft. Hinter ihr liegen mehr als vier Jahrzehnte, in denen sie für andere Menschen da war: Die 76-Jährige, die den Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika– auch bekannt als Weiße Schwestern – angehört, hat als Missionarin in Ruanda und im Kongo gewirkt.

"Das war Liebe auf den ersten Blick", erinnert sie sich an die erste Begegnung mit dem Missionsorden. Margret Tovar arbeitete als Buchhalterin in einer Waschmaschinenfabrik in Ahlen und engagierte sich in der kirchlichen Jugendarbeit, als sie eine junge Missionsschwester während des Heimaturlaubs kennenlernte. Der damalige Jugendseelsorger brachte die junge Ordensfrau zurück nach Trier. Margret Tovar durfte mitfahren – und kehrte mit den Anmeldeunterlagen zurück. "Dann begann der Kampf mit der Familie", blickt Tovar zurück. "Das war nicht leicht."

Ein Satz aus einem kleinen Buch, das die Weißen Schwestern herausgegeben hatten, half ihr damals und begleitet sie bis heute. "‚Nur wer ganz frei ist, kann sich ganz verschenken‘. Das war mein Ideal", sagt Schwester Margret. 1963 begann sie ihre klösterliche Ausbildung in Trier und nahm anschließend ein Lehramtsstudium auf. "Lehrerin zu werden, war schon immer ein Traum von mir", erzählt sie. Kurz vor ihrem ersten Auslandseinsatz 1971 fand am Bartholomäus-Fest ihre Aussendungsfeier in Ahlen statt. Ein wichtiger Augenblick im Leben der jungen Frau: "Der Pfarrer hat mir ein kleines Missionskreuz vor der versammelten Gemeinde überreicht und gesagt: ‚Geh in unser aller Namen und versuche durch dein Sein und dein Tun etwas von der Liebe Gottes sichtbar zu machen.‘ Das ist für mich ein Lebensmotto bis heute."

In Ruanda bildete Schwester Margret zunächst einheimische Lehrerinnen aus. Weniger mit der Kultur als mit der Sprache hatte die Ordensfrau anfangs zu kämpfen. "Ich habe meine Unterrichtsstunden auf Deutsch vorbereitet und sie dann ins Französische übersetzt. Am Nachmittag, nach meinem Unterricht, bin ich in die Grundschule gegangen und habe mich zu den kleinen Kindern gesetzt, um Kinyarwanda zu lernen, die Sprache der Einheimischen. Meistens bin ich dabei eingeschlafen", erinnert sie sich schmunzelnd. Innerhalb der folgenden Jahre musste Schwester Margret aufgrund von Kämpfen zwischen den verschiedenen Ethnien in den Kongo fliehen, wo sie ebenfalls als Lehrerin tätig war.

Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Deutschland kehrte sie 1987 in den Kongo zurück, wurde Schulleiterin an einer Mädchenschule und unterrichtete zusätzlich an einem Gymnasium. "Es hat mir schon immer große Freude gemacht, Wissen weiterzugeben, und mit jungen Menschen zu arbeiten", erzählt sie. Doch auch mit Herausforderungen wie dem Lehrkräfte-Mangel und zu wenig Geld für Schulmaterialien wurde Tovar konfrontiert. "Dazu kam noch das, was man Korruption nennt", sagt sie. Eine Zeit, die sie stark geprägt hat: "Durch den großen Mangel an materiellen Dingen standen menschliche Werte im Mittelpunkt. Wir lebten mit den Menschen, wie sie und gehörten einfach dazu." Ihr 25-jähriges Ordensjubiläum feierte Schwester Margret dort, zog tanzend mit den Afrikanern in die Kirche ein. "Es war wunderschön, dafür bin ich sehr dankbar", sagt sie mit leuchtenden Augen. Doch auch aus dem Kongo musste Schwester Margret schließlich fliehen.

Vier Jahre arbeitete sie beim internationalen Hilfswerk "missio" in München, wo sie sich überwiegend um die französisch-sprachigen Länder Afrikas kümmerte. Der Völkermord 1994 in Ruanda veranlasste Schwester Margret dazu, sich auf eine besondere Art der Hilfe und Unterstützung zu spezialisieren: Zwei Jahre lang ließ sie sich in Montreal in Canada als Trauma-Begleiterin ausbilden, bevor sie nach Ruanda zurückkehrte. "Das ganze Land war traumatisiert, es war furchtbar mit ansehen zu müssen, wie die Menschen leiden." Schwester Margret begleitete überwiegend Schulleiter, Ordensleiter und andere Multiplikatoren und gab ihnen Hilfen an die Hand, die sie innerhalb ihrer eigenen Einrichtung weitergeben konnten.

Harte Arbeit, die aber auch erfüllt, sagt die Ordensschwester heute. "Wenn man jemanden aus seinem Trauma heraushelfen kann, der sein Leben wieder bejahend angehen kann, ist das eine großartige Erfahrung." Oft denkt sie an eine afrikanische Ordensfrau und Schulleiterin zurück, die sie über mehrere Monate hinweg begleitet hat. "Sie hatte Angst, wie ein Tier zu werden, weil sie keine Gefühle mehr hatte", erzählt Tovar. Nach vielen Gesprächen fuhren sie gemeinsam an ein Massengrab, in dem auch die Mutter und Schwestern der Frau begraben lagen. "Und plötzlich regten sich in dieser Frau Gefühle", zeigt sich die 76-Jährige noch immer bewegt. "Ich hatte das Gefühl, Leben geschenkt zu haben. Das sind Augenblicke, über die ich sagen kann: Mein Leben hat sich dafür gelohnt."

Missionieren heißt für Schwester Margret, Menschen dabei zu helfen, Gottes Wirken in ihrem Leben zu entdecken. "Weniger durch Religionsunterricht, sondern eher durch mein Leben, so wie ich lebe, was ich tue." Dafür müsse sie nicht unbedingt in Afrika sein. Seit rund 15 Jahren lebt sie mittlerweile wieder in Deutschland und engagiert sich für die Menschen – auch politisch. So machte sie von 2002 bis 2008 für das Netzwerk Afrika Deutschland entwicklungspolitische Lobbyarbeit in Berlin. "Meine Mitschwestern haben immer gesagt: ‚Was machst Du eigentlich anderes, als Politikern hinterherzulaufen?‘ Aber ich kenne die Situation vor Ort, habe Armut, Krankheit und hygienische Missstände gesehen", sagt Schwester Margret. Politik geschehe oft am Schreibtisch. In Berlin habe sie die Chance genutzt, Kontakte zu knüpfen und "Fakten zu den Theorien zu liefern".

In den vergangenen neun Jahren war sie als Regionalökonomin für die Missionsschwestern in Deutschland zuständig und hat sich um alle materiellen und finanziellen Angelegenheiten des Ordens gekümmert. "Ich habe Häuser verkauft, Konvente geschlossen und Unterkünfte in Altenheimen gemietet", erzählt Schwester Margret. In der kommenden Zeit wird sich die 76-Jährige in Trier vor allem Menschen an den Rändern der Gesellschaft zuwenden. "Unsere Ordensleitungen haben beschlossen, dass die Schwerpunktarbeit der Orden dort liegen soll, wo Menschen an den Rändern leben – egal ob in Afrika oder in Europa", sagt Schwester Margret. Welche Aufgaben sie dabei genau übernehmen wird, weiß sie noch nicht. "Ich lasse das erstmal auf mich zukommen – so, wie ich es in meinem Leben immer gemacht habe. Wenn Gott das will, wird es gelingen", sagt sie lächelnd.

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