Ein Leben für die Menschen an den Rändern: Porträt Schwester Bernhildis Strothmann

Der Blumenschmuck ist nur einer von mehreren Bereichen, um den sich Sr. Bernhildis im Kapuzinerkloster in Münster kümmert

Wer Schwester Bernhildis Strothmann telefonisch erreichen möchte, braucht Geduld. "Ich kann nicht sagen: Unter der Nummer kannst du mich erreichen. Die Nummer gibt es gar nicht", sagt sie. Mit ihren 80 Jahren ist die Mauritzer Franziskanerin flink unterwegs. Im Kapuzinerkloster in Münster kümmert sie sich "um alles, was so anfällt", wie sie sagt. Dazu zählt vor allem der hauswirtschaftliche Bereich: Blumenschmuck, Näharbeiten, der Dienst in der Sakristei. "Es ist schön, noch eine Aufgabe zu haben. Hier bin ich glücklich."

Aufgaben hatte die Franziskanerin in ihrem Leben viele – ganz verschiedener Arten. Mit 13 Geschwistern in einem kleinen Ort im Landkreis Osnabrück aufgewachsen, hat sie schon früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Im Alter von 16 Jahren erkrankt sie an Diphtherie. Monatelang liegt sie im Krankenhaus auf der Isolierstation, zeitweise auf Leben und Tod. In dieser Zeit lernt sie die Franziskanerinnen kennen, die sie rund um die Uhr versorgen. "Da kam mir der Gedanke, ob das nicht auch etwas für mich sei, mich um kranke Menschen zu kümmern", erzählt die Ordensschwester. Aber sie muss ihren Wunsch zurückstellen: Ihre Mutter stirbt früh, sie muss die jüngeren Geschwister betreuen.

Erst 1959 tritt sie dem Orden der Franziskanerinnen in Münster bei. Noch während sie aber die Krankenpflegeschule besucht, stellt sie fest: "Das ist nichts für mich." Schwester Bernhildis lässt sich stattdessen zur Diätassistentin ausbilden, in der Küche fühlt sie sich wohl. Viele Jahre sorgt sie in der Großküche des Gronauer Krankenhauses dafür, dass täglich 300 Mahlzeiten bereit stehen. "Das hat nur funktioniert, weil alle Aufgaben genau verteilt waren und jeder wusste, was er zu tun hat", erklärt Schwester Bernhildis. Ihr Weg führt sie in den Folgejahren in die Krankenhausküchen in Bottrop, Südlohn, Barßel und Brakel, wo sie unter anderem für die Ausbildung der Lehrlinge zuständig ist. "Die Zusammenarbeit mit den jungen Leuten war eine Bereicherung, ich hatte das Gefühl, ich kann ihnen etwas für ihren Lebensweg mitgeben", sagt sie.

Im Jahr 2000 erreicht Schwester Bernhildis dann ein Anruf, der ihr Leben noch einmal verändern soll: "Ich wurde gefragt, ob ich nicht nach Berlin-Ost gehen möchte, um dort in der Suppenküche der Franziskanerbrüder für Obdachlose mitzuarbeiten. Da habe ich erstmal geschluckt", schildert sie ihre Reaktion. Berlin – das sei eine ganz andere Welt als das Münsterland. Im Rückblick seien es aber mit die schönsten Jahre in ihrem Leben gewesen. 500 Mahlzeiten pro Tag – am Monatsende rund 100 mehr als zu Beginn – kocht Schwester Bernhildis mit vier hauptamtlichen Kollegen und vielen ehrenamtlichen Helfern.

Sie begegnet Menschen, die "viel zu erzählen haben", aber erlebt auch manche Situation, "in der mein Glaube an Gott und den Orden des heiligen Franziskus befragt wurde". Viele hätten sie immer wieder gefragt, warum sie, die Ordensschwester in Tracht, diese Arbeit mache, obwohl kaum einer der Obdachlosen getauft sei. "Da sind wir dann miteinander ins Gespräch gekommen." Die Tracht bleibt aber irgendwann zu Hause, zu gefährlich für die Arbeit in der Suppenküche. "Mein Schleier hat einmal an einem Gashocker Feuer gefangen, das ging dann nicht mehr", erzählt sie.

2007 bereitet sich Schwester Bernhildis gedanklich schon auf das Altenheim vor. "Aber die Oberen meinten, dafür sei ich noch zu fit", sagt sie lachend. Eine neue, völlig andere Herausforderung wartet auf sie. Die damals 72-Jährige kommt nach Ahaus im Kreis Borken. Dort ist sie im "Haus Abraham" tätig, einer Unterkunft für Männer in Not. Sie kümmert sich um sieben obdachlose Männer zwischen 17 und 72 Jahren, kocht, wäscht und putzt. "In den letzten Jahren kamen fast nur noch junge Männer zu uns, die nirgendwo aufgenommen wurden. Da ging es manchmal sehr turbulent zu", erinnert sich Schwester Bernhildis. Ihre Mitbewohner sind Menschen "an den Rändern", Jugendliche, die "auf die schiefe Bahn" geraten sind, die Probleme mit Drogen und Alkohol oder eine kriminelle Vergangenheit haben.

"Ich wurde immer wieder gefragt: Wächst dir das nicht über den Kopf, wenn du jeden Tag mit dem Jugendamt, der Polizei oder dem Gericht zu tun hast?", erzählt die Ordensschwester. Nein, denn Schwester Bernhildis möchte für die Jungen da sein – rund um die Uhr. "Ich hatte immer ein Notbett fertig, falls die Polizei nachts anrief und mir noch einen Jungen brachte", sagt sie. Einfach seien die Jahre für sie aber dennoch nicht gewesen. "Es gab auch ein paar brenzlige Situationen", erinnert sie sich. Einmal habe die Polizei einen 18-Jährigen zu ihr gebracht, der gerade aus dem Gefängnis entlassen worden war und noch keine Bleibe hatte. Einen Tag später stand er mit einem Messer vor ihr, bedrohte sie. Auch in dieser Situation versucht Schwester Bernhildis Ruhe zu bewahren. "Ich habe zu ihm gesagt: Wenn du meinst, du musst zustechen, dann stich zu, aber eines sage ich dir: Du gehst heute noch dorthin zurück, von wo du gestern gekommen bist."

Sich als Ordensleute unter die Menschen mischen, das hält Schwester Bernhildis für wichtig. "Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen, nur so können wir andere auch für den Glauben und vielleicht auch das Ordensleben begeistern", sagt sie. Das gelte auch noch für sie mit 80 Jahren. Seit zwei Jahren lebt sie nun bei den Kapuzinerbrüdern in Münster. "So lange meine Füße noch mit mir mithalten, möchte ich mich hier einbringen", sagt sie.

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